Viele Unternehmen bereiten sich derzeit auf das dritte Quartal des Jahres vor. Sie sind bestrebt, die Erwartungen von Investoren und die Reportingvorgaben zu Nachhaltigkeit und Klimarisiken zu erfüllen. Die Teilnehmer unseres Webinars „Die Entwicklung des Nachhaltigkeitsreportings“ haben viele interessante Nachfragen gestellt. Unsere Experten für Nachhaltigkeitsreporting haben einige der am häufigsten gestellten Fragen rund um die Szenarioanalyse und verbundene Themen beantwortet.
1. Was ist eine Szenarioanalyse?
Die Szenarioanalyse ist ein strategisches Planungstool, mit dem Organisationen ihre Flexibilität, Resilienz oder Leistung für unterschiedliche Zukunftsoptionen bewerten. Sie liefert keine starren Vorhersagen, sondern zeigt auf, dass ein Unternehmen Komplexität und Unsicherheit als festen Bestandteil der Geschäftstätigkeit akzeptiert und mögliche plausible Alternativen für die Zukunft erwägt. Das übergeordnete Ziel der Szenarioanalyse besteht darin, Entscheidungsträger durch eine Stärkung der internen Kohärenz zu befähigen, entscheidungsrelevante Faktoren zu reflektieren (CDP Technical Notes on Scenario Analysis, Seite 5).
2. Unser Unternehmen möchte seine erste klimabezogene Szenarioanalyse durchführen. Welchen Rahmen würden Sie empfehlen?
Unternehmen können verschiedene klimarelevante Szenarien anwenden. Die Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) empfiehlt für den Anfang den Einsatz der von der Internationalen Energieagentur (IEA) und dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) erarbeiteten Szenarien. Laut TCFD handelt es sich hierbei um die in der wissenschaftlichen Diskussion am häufigsten verwendeten und unterstützten Szenarien.
3. Wie sollten wir unsere Szenarioanalyse präsentieren?
Szenarien lassen sich in zwei grundsätzlichen Hauptkategorien einteilen: Transitionsrisiken und physische Risiken.
„Transitionsrisiken“ sind Risiken, die für Unternehmen im Zusammenhang mit dem Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft entstehen. Hierbei handelt es sich um veränderte politische und rechtliche Rahmenbedingungen, technologische Entwicklungen sowie sich verändernde Märkte in Verbindung mit Emissionsreduktion, Energieeffizienz, Subventionen/Steuern oder andere Beschränkungen bzw. Anreize. Die Szenarien der IEA folgen tendenziell diesem Ansatz. Eines der am häufigsten verwendeten Transitionsszenarien ist das sogenannte 2°C-Szenario. Es hilft Unternehmen dabei zu bewerten, welche Auswirkungen eine Begrenzung des durchschnittlichen weltweiten Temperaturanstiegs auf etwa 2°C auf die Geschäftstätigkeit haben wird und wie das Unternehmen zum Erreichen dieses Ziels beitragen kann. Für Unternehmen, die erstmals eine Szenarioanalyse durchführen, stehen Szenarien öffentlicher Anbieter wie IEA 450ppm oder IEA 2DS zur Verfügung.
Physische Risikoszenarien bewerten die Auswirkungen akuter oder chronischer physischer Veränderungen in Verbindung mit dem Klimawandel wie beispielsweise Extremwetterereignisse, höhere Meeresspiegel oder Wasserknappheit. Die Szenarien des IPCC folgen in der Regel diesem Ansatz. Zu den verbreitesten physischen Risikoszenarien zählen die repräsentativen Konzentrationspfad-Szenarien des IPCC (IPCC Representative Concentration Pathway (RCP) Scenarios, siehe Beschreibung in den CDP Technical Notes on Scenario Analysis, Seite 17). Diese Szenarien beschreiben die klimatischen Auswirkungen einer Reihe möglicher zukünftiger Treibhausgasemissionen und ihre Folgen für die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre.
Es ist wichtig zu verstehen, dass es kein allgemeingültiges Verfahren für die Nutzung und Anwendung von Szenarioanalysen gibt. Für manche Organisationen ist das Transitionsrisiko relevanter (z. B. energieintensive Produktionsunternehmen mit hohem Bedarf an fossilen Brennstoffen), während andere stärker von physischen klimarelevanten Risiken betroffen sind (z. B. landwirtschaftliche Erzeuger). Sowohl CDP als auch TCFD empfehlen bei der Nutzung von Szenarioanalysen als strategisches Planungstool einen stufenweisen Ansatz. Mit zunehmender Erfahrung sollten Organisationen die Szenarien um zusätzliche quantitative Daten zur Information ihrer Interessengruppen über die Entscheidungsfindung ergänzen.
4. Auf welche Aspekte sollte sich das Reporting konzentrieren? Zahlen und Ziele, oder Projektbeschreibungen?
Die Antwort lautet: auf beides. Durch die Aufnahme quantitativer und qualitativer Daten werden die Interessengruppen mit ausgewogenen Informationen als Entscheidungsgrundlage versorgt. Allerdings sollten Sie zunächst herausfinden, welche Informationen für Ihre Interessengruppen am wertvollsten sind.
Wenn wir uns für eine der Optionen entscheiden müssten, würden wir Daten als wichtigsten Aspekt nennen. Eine akkurate und umfassende Datenbasis ist für Unternehmen unverzichtbar, da es ohne eine solche Grundlage unmöglich ist, die Wirkung von Projekten zu demonstrieren. Daten allein sind jedoch bedeutungslos, wenn die beschreibende Erläuterung dazu fehlt, wie sie gewonnen wurden.
Unabhängig davon, an welchem Punkt Sie stehen, sollte das Reporting stets kontinuierlichen Fortschritt und zukunftsgerichtete Dynamik ausweisen. Mit einem klaren Ziel zeigen Sie Ihren Interessengruppen, worauf Sie hinarbeiten. Zahlen und Statistiken bilden greifbare Datenpunkte, anhand derer der Fortschritt schnell und einfach illustriert werden kann. Beschreibungen neuer Projekte zeigen, welche spezifischen Maßnahmen Sie ergreifen, um den Wandel zu vollziehen.
Der Reporting-Schwerpunkt ist für jedes Unternehmen letztendlich anders gelagert und abhängig von den Anforderungen der Interessengruppen und den Datenergebnissen.
5. Welche Richtlinien gibt es für die Definition eines Referenzjahrs im CDP-Reporting?
Referenzwerte kommen zum Einsatz, um den kontinuierlichen Fortschritt zu messen, vor allem auf dem Weg zu einem bestimmten Ziel. Sie sind stets unternehmensspezifisch. Im Greenhouse Gas Protocol des World Resources Institute wird empfohlen, bei der Festlegung eines Referenzjahres den frühestmöglichen Zeitpunkt zu wählen, für den vollständige und zuverlässige Daten vorliegen.
Das Referenzjahr darf beliebig weit zurückliegen. Die Referenzdaten sollten jedoch der aktuellen Unternehmensstruktur entsprechen. Gab es beispielsweise im Jahr 2015 eine größere Übernahme, sollte das Referenzjahr nicht vor 2015 liegen. Gängigste Praxis ist, als Referenzjahr für das Reporting das jeweilige Vorjahr heranzuziehen. So stellen Sie sicher, dass das Referenzjahr Ihre aktuelle Geschäftstätigkeit reflektiert. Wenn Sie ein Referenzjahr neu definieren und/oder berechnen müssen, lautet das Schlüsselwort – wie bei jeder Form des Nachhaltigkeitsreportings – Transparenz. Sorgen Sie dafür, dass in allen veröffentlichten Unterlagen deutlich wird, welche Änderung eingetreten ist und warum.
6. Können Nachhaltigkeitsreporting und Finanzberichterstattung Hand in Hand gehen?
Ja, genau das ist das Ziel der TCFD (Taskforce on Climate-related Financial Disclosure). Die TCFD wurde beauftragt, eine Reihe freiwilliger, finanziell relevanter Empfehlungen zur Klimaberichterstattung zu entwickeln, um informierte Investitions-, Kredit- und Versicherungsentscheidungen zu unterstützen. Interessengruppen nutzen diese zentralisierten Daten und Reporting-Inhalte, um ein besseres Verständnis der Vermögenswerte zu entwickeln, die Klimarisiken ausgesetzt sind.
Die TCFD hat ihre Reporting-Empfehlungen im Juni 2017 veröffentlicht. Seitdem werden sie weltweit zunehmend unterstützt und umgesetzt. Laut 2018 Status Report hatte die TCFD zu Beginn 101 Unterstützer. Fast eineinhalb Jahre später, im September 2018, war die Zahl auf 513 gestiegen. Hier einige Fakten zu den Organisationen, die Nachhaltigkeitsreporting und Finanzberichterstattung kombinieren:
457 Unternehmen und 56 andere Organisationen (z. B. Branchenverbände, Behörden)
Marktkapital von rund 6,7 Billionen EUR in diversen Sektoren
Mehr als 287 Finanzinstitute mit einem verwalteten Vermögen von über 85 Billionen EUR
Unterstützung durch Staaten – Belgien, Frankreich, Schweden, Vereinigtes Königreich – und Finanzaufsichtsbehörden weltweit, unter anderem in Australien, Belgien, Frankreich, Hongkong, Japan, den Niederlanden, Singapur, Südafrika, Schweden und dem Vereinigten Königreich
Zudem integrieren Organisationen für Nachhaltigkeitsreporting wie das CDP die Leitlinien der TCFD in ihre Fragebögen und stärken so die Verbindung zwischen Nachhaltigkeit und finanzieller Solidität. Auch wenn die Nachhaltigkeitsberichterstattung in weiten Teilen der Welt freiwillig bleibt, steigen die Ansprüche und Erwartungen der Interessengruppen in Bezug auf eine Offenlegung solcher Daten.
Wenn Sie mehr über klimarelevante Szenarioanalysen und Reporting erfahren möchten oder Unterstützung bei der Bestimmung von Referenzwerten, Berechnung eines Emissionsinventars oder Festlegung eines Emissionsziels benötigen, kann ENGIE Impact helfen. Als eines von nur acht Unternehmen weltweit, die CDP-akkreditierte Software zur Kohlenstoffbilanzierung anbieten, kann ENGIE Impact Sie im Nachhaltigkeitsreporting unterstützen und Ihnen bei der Übernahme einer Führungsrolle auf diesem Gebiet helfen.
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