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In einem von Schockereignissen und Belastungen geprägten Umfeld entwickelt sich das Thema der Klimaresilienz für Führungskräfte im öffentlichen und privaten Sektor zu einer immer dringlicheren Priorität. Es gibt drei Stellgrößen, mit denen Organisationen sich abzeichnende Risiken besser erkennen und beherrschen können.
Die COVID-19-Pandemie stellt uns vor Herausforderungen beispiellosen Umfangs. Sie konfrontiert uns mit der Realität fragiler Lieferketten, veralteter Infrastruktur und dysfunktionaler Systeme, und ruft uns auf, Verantwortung zu übernehmen. Trotz ihrer Tragweite wird die COVID-19-Krise irgendwann enden. Für den Klimawandel sieht die Prognose hingegen düsterer aus: Er hat dauerhafte physische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen, die sich nicht nur als unerwartete, schwere Schockereignisse manifestieren, sondern auch als fortschreitende chronische Belastungen. Die Zahl der Naturkatastrophen hat sich seit 1980 fast verdreifacht und die damit verbundenen Kosten sind um 600 % auf 200 Mrd. USD pro Jahr gestiegen. Experten erwarten, dass diese Kosten bis zum Jahr 2040 auf 234 Mrd. USD wachsten werden.
Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der aktuelle Pandemie wird dieser Artikel drei zentrale Stellgrößen beleuchten, mit denen Sie die Resilienz Ihres Unternehmens gegen systemische Schockereignisse und Bedrohungen in Verbindung mit dem Klimawandel verbessern können. Unternehmen, die neue Technologien erfolgreich nutzen, die das finanzielle und operative Geschäft überdenken und die, die zur Bewältigung der größten Herausforderungen Partnerschaften eingehen, werden am besten aufgestellt sein, um sich auf zukünftige Risiken vorzubereiten und Maßnahmen zur Vergrößerung von Resilienz umzusetzen.
Climate resilience refers to the ability of an organization to anticipate and mitigate the impact of volatile events related to climate change. With the rise of carbon and other greenhouse gasses driving climate change, the importance of climate resilience continues to accelerate.
This article, including learnings from the current pandemic, will explore three key levers that can be used to improve the resilience of your business against the systemic shocks and stresses posed by climate change. Organizations that successfully capitalize on technology, rethink finance and operations, and form partnerships to tackle our largest challenges will be best suited to both prepare for risks and implement measures that build resilience.
Sowohl Unternehmen als auch Regierungen sind sich seit langem der sich abzeichnenden Auswirkungen des Klimawandels bewusst. Die Nachhaltigkeitsziele sind immer ehrgeiziger geworden, aber Unternehmen und Städte haben gleichermaßen das Klimarisiko nur zögerlich in allgemeine Risikomanagementstrategien und langfristige Investitionsentscheidungen integriert. Die Verzögerung kann auf zwei grundlegende Lücken zurückgeführt werden: einerseits ein mangelndes Verständnis dieser Risiken und andererseits Hürden in der Funktionsweise unserer grundlegenden Systeme, um diese Risiken zu bewältigen.
Mangelndes Wissen ist für viele Unternehmen eines der größten Hindernisse beim Resilienzaufbau. Unternehmen sind sich der aus dem globalen Klimawandel resultierenden Risiken durchaus bewusst. Aber die Übertragung dieser komplexen und verwobenen Risiken auf direkte oder indirekte Folgen für eine Kommune oder ein Unternehmen ist aus folgenden Gründen eine viel anspruchsvollere Aufgabe:
Wir sind nicht nur mit „quantifizierbaren“ Risiken, physischer, finanzieller oder versicherungstechnischer Naturkonfrontiert, sondern auch mit „nicht quantifizierbaren“ langfristigen Risiken wie Verlust von Geschäftswert, Schwächung der Lieferantenbeziehungen und zunehmendem Druck von Stakeholdergruppen.
Diese Risiken treten zudem verteilt über verschiedene Zeithorizonte auf. Es gibt akute, disruptive Risiken wie Pandemien, Überschwemmungen, Hungersnöte oder Orkane, aber auch chronische, sich allmählich verstärkende Risiken wie ein Nachfragerückgang auf Verbraucherseite, zunehmende soziale Ungleichheit, Regionalisierung und Regulierung.
Um die Resilienz zu verbessern ist der Aufbau einer geeigneten Wissensbasis erforderlich, die dabei hilft das Unbekannte von komplexen und miteinander verzahnten Risiken zu reduzieren, während parallel dazu passende Daten- und Prozessgrundlagen geschaffen werden müssen, um bei unvorhergesehenen und disruptiven Ereignissen schnell reagieren zu können.
Kaum quantifizierbare und prognostizierbare Bedrohungen lassen sich nur schwer entschärfen. Komplexe Herausforderungen der Menschheit, wie der Anstieg der Meeresspiegel, Bevölkerungswachstum, Ressourcenknappheit und immer häufigere Brände, Überschwemmungen und Dürren werden Lösungen jenseits der klassischen Investitionskriterien erfordern. Solche Lösungen passen nicht zu schlanken Betriebsmodellen und bringen Herausforderungen in einer Größenordnung mit sich, die von einem einzelnen Unternehmen allein nicht mehr zu bewältigen sind. Diese systemischen Hindernisse führen letztendlich dazu, dass sich die einzelnen Akteure weniger verantwortlich fühlen und sowohl der individuelle als auch der kollektive Fortschritt zum Erliegen kommen.
Obwohl sich die Interessensgruppen, um die Resilienzplanung voranzutreiben, seit Jahren in sektorübergreifender -sowie in Multi-Stakeholder- Zusammenarbeit engagieren, , müssen diese Aktionen beschleunigt werden, um dem kritischen Moment gerecht zu werden. Partnerschaften zwischen verschiedenen Stakeholdergruppen kommen oft nicht in Schwung, weil die Anreize falsch ausgerichtet sind oder die Visibilität zwischen den Gruppen begrenzt ist. Ohne sorgfältig ausgearbeiteten Geschäftsmodellen, gemeinsam geteilten Visionen, praktikablen Beteiligungsmodellen und transparenter Fortschrittsberichterstattung, werden kollektive Maßnahmen mit der Zeit ins Stocken geraten oder erodieren.
Bei der Entwicklung von Strategien zur Risikobegrenzung müssen Unternehmen klimabedingte Risiken berücksichtigen. Innerhalb dieses Planungsprozesses sollten Organisationen die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, nach Schwere und Vorhersehbarkeit klassifizieren.
Diese Matrix bietet den Organisationen einen Leitfaden für die Bewertung ihrer Risiken. Je weniger vorhersehbar das Risiko, desto größer ist der Bedarf an grundlegenden Systemen, welche Organisationen mit dem notwendigen Wissen ausstatten, um in Krisenmomenten wirksam handeln zu können. Je schwerwiegender das Risiko, desto größer ist die Notwendigkeit, zusätzliche Finanzierungsquellen zu erschließen oder Koalitionen zu bilden, um sich an den Kosten, und an den Risiken reduzierenden Maßnahmen zu beteiligen.
Um die Wissens- und Implementierungslücken, mit denen sowohl die Wirtschaft als auch die Regierungen konfrontiert sind, bestmöglich zu schließen, werden wir uns auf drei Schlüsselmöglichkeiten konzentrieren: Technologie, operative Puffer und Partnerschaften.
Obwohl die COVID-19-Pandemie enorme systemische Schwächen aufgezeigt hat, wurden auch klare Lösungen entwickelt. Erfolgreiche Unternehmen und Behörden haben die Ausbreitung des Virus mit wissenschaftlichen und technologischen Verfahren modelliert und getestet. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen haben sie ihre Geschäftstätigkeit umgestellt und Vereinigungen zur Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen gebildet. Genau solche Stellhebel müssen angesetzt werden, um Maßnahmen zum Aufbau von Klimaresilienz besser zu planen und implementieren.
Es gibt inzwischen neue Tools, mit denen das Wissensdefizit signifikant reduziert werden kann. Mit diesen Tools können Organisationen zukünftige Risiken besser modellieren und in Krisenzeiten schnell reagieren. Führungskräfte sollten Investitionen in folgenden Bereichen erwägen:
Mithilfe der Siradel-Plattform von ENGIE gelang es der Region Ile-de-France, in nur sechs Monaten eine Datenbasis aus 10.000 Einzeldatensätzen aufzubauen und über 2,5 Millionen Gebäude in einer Gemeinschaftsplattform zu modellieren, auf die mehr als 12 Millionen Stakeholder zugreifen können.
Um wirtschaftlichen Erschütterungen zu widerstehen, müssen Organisationen in Infrastruktur, Betriebspuffer und flexible Systeme investieren, die ihre Anlagen widerstandsfähiger machen und ihre Flexibilität erhöhen. Aber sowohl Wissens- als auch Implementierungslücken behindern den Fortschritt. Obwohl Unternehmen zunehmend klimabedingte Risiken offen legen, berechnen nur wenige die finanziellen Auswirkungen oder die Wahrscheinlichkeit dieser Risiken ausreichend. Wenn diese Wissenslücke nicht geschlossen wird, werden die meisten Organisationen nicht in der Lage sein, die notwendigen Maßnahmen zur Risikominderung umzusetzen. Stattdessen sollten die Organisationen die Betrachtung durch die Linse des Klimarisikos nutzen, um das Management operativer Risiken zu überdenken und Investitionskriterien neu zu definieren.
Etablierte Rahmenwerke wie die Taskforce zur Offenlegung klimabezogener Finanzdaten (TCFD) bieten detaillierte Richtlinien, die den Unternehmen helfen sollen, ihre wichtigsten finanziellen Auswirkungen zu berücksichtigen, einschließlich vermiedener Ausgaben, Aktiva und Passiva, Einnahmen sowie Kapital- und Finanzierungsüberlegungen. Die Berücksichtigung vermiedener Ausgaben (z.B. reduzierte Instandhaltungskosten und niedrigere Versicherungsprämien) und ein verbesserter Zugang zu Kapital (z.B. durch nachhaltigkeitsgebundene Darlehen oder grüne Anleihen) können den Geschäftsnutzen von Investitionen in kritische Infrastruktur und betriebliche Flexibilität neu definieren.
Jeder $1, der in eine belastbare Infrastruktur
investiert wird, Spart $6 an zukünftigen Kosten.
Quelle: (Nationales Institut für Bauwissenschaften)
Die Vielfalt der wirtschaftlichen Systeme wird ein wichtiger Hebel zur Bewältigung der systemischen und kollektiven Herausforderungen sein, die der Klimawandel mit sich bringt. Während Gemeinschaften oft nach einem Extremereignis zusammenkommen, ist diese kollektive Aktion im Planungsstadium viel schwieriger umzusetzen. Schon vor Jahren sind Foren wie die C40, der WBCSD und das Weltwirtschaftsforum entstanden, um das Lernen und den Wissensaustausch zu erleichtern. Dennoch bestehen auf lokaler Ebene nach wie vor Lücken bei der Anwendung vieler dieser kollektiven Best Practices. Ohne klare Anreize und Verantwortlichkeiten wird der Fortschritt in den lokalen Wirtschaftssystemen nur langsam vorankommen. Um diese Hindernisse am besten zu überwinden, brauchen die Partner ein klares Geschäftsmodell, sorgfältig konzipierte Beteiligungsmodelle und eine transparente Kommunikation über die erzielten Fortschritte.
Wie der Stanford-Ökonom Paul Romer einmal sagte: "Eine Krise ist eine schreckliche Sache, die man nicht verschwenden sollte". Auch wenn die Welt derzeit – im Zuge der COVID-19-Pandemie und inmitten eines schnell voranschreitenden Klimawandels – vor beispiellosen Herausforderungen steht, müssen Führungskräfte die gestiegene Bereitschaft und Dringlichkeit nutzen, um transformative Veränderungen durchzuführen, die die Klimaresilienz stärken.
Manche Organisationen haben diesen Moment bereits ergriffen, um ihre Bemühungen zur Erhöhung ihrer Resilienz zu beschleunigen. Die Europäische Kommission hat einen Gesetzesentwurf zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft nach der Coronavirus Pandemie vorgelegt, der ausdrücklich mit Fortschritten bei der Erreichung von Klimaschutzzielen verknüpft ist.
In Genua wurde der Wiederaufbau der Morandi-Brücke in Rekordzeit abgeschlossen und die Brücke mit Solarpanels ausgestattet, um das integrierte Sensornetzwerk zur Überwachung des Instandhaltungsbedarfs mit Strom zu versorgen. Pakistan setzt beispielsweise über 63.000 Arbeiter für die Anpflanzung von Setzlingen zur Wiederaufforstung der Wälder und Bekämpfung des Klimawandels ein.
Lösungen sind verfügbar und das kollektive Bewusstsein ist auf das Ergreifen von konkreten Maßnahmen ausgerichtet. Wie baut man wirkliche Resilienz auf? Unternehmen und Behörden müssen das Dringlichkeitsgebot der Stunde nutzen, um strukturelle Veränderungen festzuschreiben, neue Technologien einzuführen und sich gemeinsam für den Fortschritt engagieren.
Die Autoren bedanken sich bei Sabeeha Islam und Jeff Waller recht herzlich für ihre aktive Mitarbeit.