Energie und Prozessemissionen in der Fertigungsindustrie sind für rund 30 % der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich — dies entspricht etwa 14 Milliarden Tonnen. Mithilfe einer erfolgreichen Transformationsstrategie zur Beschleunigung der Dekarbonisierung und Senkung der Scope-1- und Scope-2-Emissionen im Fertigungssektor kann die sich zuspitzende Klimakrise erheblich beeinflusst werden. Der Weg dorthin wird jedoch kein leichter sein.
Die Net Zero Fertigung Masterclass-Serie wurde entwickelt als Antwort auf die Tatsache, dass wir unsere Geschäftstätigkeit anpassen müssen, um ein neues Klimaparadigma zu erfüllen. Die teilnehmenden c-Mitglieder und die breitere Fertigungsindustrie müssen ihre Emissionen noch in diesem Jahrzehnt wesentlich schneller und umfassender senken. Dies ist keine neue Erkenntnis, doch die Dringlichkeit und Größenordnung der erforderlichen Transformation werden oft unterschätzt. Wir haben nur noch rund acht Jahre Zeit, um unsere Scope-1- und Scope-2-Emissionen zu halbieren, wenn wir die ausgegebenen Ziele erreichen wollen – seien es der kurzfristig angelegte EU-Klimaaktionsplan oder das langfristigere Pariser Abkommen. Ziel dieser Masterclass ist es, eine realistische Net Zero-Strategie zu erarbeiten, mit denen die Branchenakteure diese Ziele erreichen können.
Emissionssenkungen in der Größenordnung, wie sie zur Erreichung der Ziele erforderlich sind, werden in der Tat die größte Umstellung sein, die die meisten Unternehmen je erleben werden – mit Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette sowie alle Stakeholder und Akteure. Sie erfordert ausch ein kontinuierliches, mehrjähriges Engagement und die Einführung innovativer Technologien, Investitionen und flexibler Lösungen. Die Unternehmen wissen, dass sie handeln müssen und haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Umso überraschender ist es, dass nur wenige angemessen vorbereitet und in der Lage sind, die Transformation erfolgreich umzusetzen.
Zu Beginn unseres Weges hin zu einer wirksameren Dekarbonisierung des Fertigungssektors werden wir uns auf vier Themenfelder konzentrieren, mit denen Unternehmen Selbstvertrauen dahingehend gewinnen können, dass sie auf eine emissionsarme Zukunft wirklich vorbereitet sind:
Technische und operative Abteilungen, Finanzen oder Beschaffung – viele interne Akteure treffen eigenständige Dekarbonisierungsentscheidungen mit unterschiedlichen Fristen. Bei dieser Art der Entscheidungsfindung sind drei typische Fallen zu beobachten:
In einem immer komplexeren Energiesystem mit einer Umwandlung unterschiedlichster Energieträger sind integrierte Lösungen der bessere Ansatz, um Synergien zwischen den diversen Technologien zu nutzen. Auf diese Weise werden kurzsichtige Investitionen vermieden, mit denen die Anpassungsfähigkeit an den technologischen Fortschritt beeinträchtigt werden kann. Nehmen wir beispielsweise einen Fertigungsstandort, an dem ein neuer Gasboiler installiert wird in dem Glauben, dass die Effizienz durch Ersatz des alten Boilers erhöht werden kann. Diese Entscheidung impliziert für die nächsten 30 Jahre, also die Lebensdauer des Boilers, eine Abhängigkeit vom fossilen Energieträger Gas. Wie soll so Net Zero erreicht werden?
Anhand dieses Beispiels möchten wir betonen, dass die zunehmende Komplexität einen neuen, portfoliobasierten Ansatz erfordert, um den Energiebedarf mittels Kombination verschiedener Energieträger – Biomasse, Solarthermie, Wärmerückgewinnung, grüner Wasserstoff usw. – und unter Einsatz integrierter und dynamischer Modelle zu decken.
Wir haben beispielsweise die Situation an einem Fertigungsstandort analysiert, um zu bestimmen, wie der Dampfbedarf am besten gedeckt werden kann. Der von uns gefundene optimale Ansatz ist eine Kombination aus drei Lösungen: mit Biomasse betriebene Kraft-Wärme-Kopplung (CPH), ergänzt um eine Solaranlage mit einem kleineren elektrischen Dampfkessel, und ein Biomethan-Dampfkessel zur Deckung von Nachfragespitzen. Ergebnis ist eine flexible Lösung als kostengünstigster Weg zu Net Zero.
Unternehmen müssen ihre Net Zero-Strategie und deren Finanzierung grundlegend neu denken. Viel zu oft werden Entscheidungen zu Investitionen in technische Anlagen an den einzelnen Standorten über sehr traditionelle Modelle der Kapitalallokation getroffen. Hier steht in der Regel die Investitionsrendite oder Amortisierung über eine relativ kurze Dauer im Vordergrund, der langfristige Investitionsrahmen bleibt unberücksichtigt.
Es wäre jedoch besser, statt der Investitionsrendite die Gesamtbetriebskosten zu betrachten. Hierzu müssen entsprechende Szenarien aufgebaut, zukünftiger Entscheidungsspielraum (zu neuen Technologien und Beschaffungsmodellen) eingeräumt und eine Risikobeurteilung mittels Sensitivitätsanalyse zu Schlüsselparametern durchgeführt werden. Auf diese Weise können die finanziellen Auswirkungen einer langfristigen Strategie transparent abgebildet werden.
Anstatt zu berechnen, welche Einsparungen und Cashflows mit einer einzigen isolierten Investition erzeugt werden – insbesondere, wenn das lokale Energiesystem der Zukunft komplexer und dynamischer sein wird, sollte jede Investition als ein Baustein in einem dynamischen Energiesystem betrachtet werden, das die Investitionen der gesamten Organisation bestimmt. Eine typische Investitionsrendite wird für acht bis zehn Jahre berechnet. Mit diesem Zeitrahmen ist es schwer, noch nicht marktreife Technologien zu berücksichtigen, die für zukünftige Dekarbonisierungsbemühungen eine bedeutende Rolle spielen könnten (z. B. grüner Wasserstoff). Liegt der Fokus bei einer Investition auf einer schnellen Amortisierung, läuft man Gefahr, die finanziellen Auswirkungen neuer Schlüsseltechnologien, die wirtschaftlich weitaus attraktiver sein können, von vornherein auszuschließen. Finanzmodelle sollten die Tür für zukünftige Entscheidungen offenlassen – und damit den Unternehmen die Möglichkeit geben, ihre Anlageentscheidungen zu optimieren, Beschaffungsoptionen anzupassen und das Inflationsrisiko zu berücksichtigen.
Um die finanziellen Auswirkungen eines Total Cost of Ownership-Ansatzes (TCO) zu veranschaulichen, ist es am besten, mit einer klassischen Ist-Analyse und erarbeitet in der Folge verschiedene Modellszenarien, um alle möglichen Wege hin zum Net Zero-Ziel zu durchdenken. Auf diese Weise werden wirtschaftliche Entscheidungen durch zukünftige Optionen der Energiebeschaffung beeinflusst. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass oft das kostengünstigste Dekarbonisierungsmodell dem Ist-Szenario sehr ähnlich ist (aktuelle Strategie fortsetzen) und gleichzeitig potenzielle Risiken wie steigende Rohstoffpreise und verlorene Investitionen vermieden werden.
Bei diesem dritten Themenfeld geht es darum, Ihr Unternehmen so aufzustellen, dass die dynamische Transformation beschleunigt wird. Die Schlüsselfrage lautet, wie ein Gleichgewicht zwischen lokalen und zentralen Initiativen gefunden werden kann.
Viele Dekarbonisierungsmaßnahmen werden derzeit rein standortbasiert durchgeführt. Es handelt sich um Bottom-up-Maßnahmen, für die es keine ausreichende Unterstützung aus einem zentralen Nachhaltigkeitsprogramm gibt. Dies führt zu drei Herausforderungen.
Empfehlenswert ist daher eine Transformation unter Einbindung diverser Standorte und Akteure, um Größenvorteile zu nutzen und emissionsarme Lösungen harmonisiert im gesamten Unternehmen zu implementieren. Die Frage lautet nun, wie sich diese Empfehlung in die Praxis umsetzen lässt.
Wir empfehlen einen fünfstufigen Ansatz für den Aufbau eines Mehrstandortprogramms, mit dem Standardisierung und Wiederholbarkeit gewährleistet werden, um die Geschwindigkeit und den Umfang Ihres Dekarbonisierungsprozesses zu geringstmöglichen Kosten zu sichern.
Wo sollten Unternehmen ihre Net Zero-Transformation beginnen? Drei Überlegungen:
Um die Net Zero-Transformation zu starten oder zu beschleunigen, muss jeder von uns kritisch erkunden, welche Schritte wir einleiten und welche Strategien wir in unserem jeweiligen Kontext anwenden müssen. Viele Unternehmen sind der Meinung, dass Sie bereits auf dem richtigen Weg sind. Die Ergebnisse aus dem Bericht zum Unternehmensfortschritt auf dem Weg zu Net Zero von ENGIE Impact zeigen jedoch, dass dies oft nicht der Fall ist. Denn auch wenn Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsprogramme und entsprechenden Kapazitäten positiv und optimistisch einschätzen, fehlen häufig die erforderlichen Voraussetzungen, also die Wegbereiter, für die Dekarbonisierung, um diese Transformation erfolgreich umzusetzen.
ENGIE Impact und der WBCSD unterstützen die Fertigungsindustrie darin, Dekarbonisierungsprogramme zu entwickeln, mit denen Unternehmen weltweit die Dekarbonisierung sofort einleiten und großflächig umsetzen können.
Lassen Sie uns gemeinsam Ihrer Zero-Carbon-Transformation in der Fertigungsindustrie die entscheidenden Impulse verleihen.